Toau: zum False Pass von der “falschen” Seite

Wir bleiben im Toau-Atoll. Zur Feier des Valentinstags – bietet sich einfach an – laden Heike und Jürgen auf dem deutschen Katamaran “Valentin” ein.

Am nächsten Tag verlassen wir dann aber den Ankerplatz am Coral Garden und fahren gemeinsam mit der Easy-One innerhalb des Atolls nach Norden. Trotz der vielen Bommies gestaltet sich das zunächst erstaunlich einfach, denn ein Tonnenstrich schlängelt sich noch ein ganzes Stück in diese Richtung. Er führt zu einer bereits vor Jahren aufgegebenen Perlfarm. Bis zu 100 Menschen sollen hier einmal gearbeitet haben, obwohl nur ungefähr 20 auf Toau leben.

Die Hafenanlage der ehemaligen Perlfarm ist noch gut erkennbar, allerdings sind die Stege und auch Teile der Mole doch schon ziemlich rott.

Wir ankern vor der Anlage und statten ihr lieber mit dem Dinghy einen Besuch ab. Haie patrouillieren im flachen Hafenwasser, sonst ist niemand da. Materialien der Perlfarm, etwa die Gitter für die Austern, liegen in Stapeln herum. Manches mutet wildromantisch an, gespültes Geschirr auf einer rostigen Außenspüle, ab und zu kommt sicher noch jemand vorbei. Aber fast alle Gebäude sind stark verfallen. Es ist immer wieder spannend, solche “Lost Places” zu besuchen.

Nach dem Stop geht es aber für uns noch weiter gen Norden. Der Tonnenstrich endet allerdings, der Plotter zeigt nur gestrichelte Linien und den Vermerk “Uncharted“. Auf der weiteren Fahrt müssen wir uns den Weg per Satellitenbild-Navigation suchen.

Katrin am Ruder beim Slalom durch die Bommies.

Klappt aber gut und so erreichen wir bald unseren Ankerplatz in der Nordecke des Toau-Atolls. Er liegt dicht nordöstlich des False Pass, aber – wie der Name schon sagt – hinaus aus dem Atoll kommen wir dort mit der Flora nicht. Der Pass ist eine Sackgasse, das Ende zur Lagune hin ist mit einem sehr flachen Korallenriff versperrt.

Macht aber nichts. Zum einen waren wir ja schon von der anderen Seite im False Pass und haben dort an einer der Bojen gelegen. Zum anderen sind wir hier in die Nordspitze des Atolls auch gekommen, um vor einem vorhergesagten kräftigen Nordwestwind gut geschützt zu sein. Und so ist es auch. Am Sonntag und Montag bläst es meist mit über 20 kn, aber hier baut sich trotzdem keine fiese Welle auf.

So kann ich ein bisschen Wingfoilen üben …

… bis der Wing platzt. Grrr 😖.

Das ist nicht so ideal, denn neben der inneren Bladder hat auch die Nylonhülle des Wings einiges abbekommen.

Ein professioneller Reparatur-Service ist hier nicht zu haben, aber ob wir diesen Schaden beheben können? Mit unserer Haushalts-Nähmaschine kommen wir an einige Stellen nicht heran, obwohl wir natürlich die Hauptnaht des Schlauches aufgetrennt haben. Also erst mal schön mit der Hand flicken, dann Spinnaker-Repair-Tape drauf und dieses ebenfalls per Hand annähen. Zum Glück können wir für die längeren Nähte dann auch die Maschine einsetzen.

Die Kaschierung der Hauptnaht geht dann wieder nur per Hand, die Aufgabe habe ich morgen noch vor mir.

Daneben ist aber auch noch Zeit, Katrin und auch Wiebke hinterm Dinghy auf dem Foilboard kniend zu ziehen. Beide kommen tatsächlich “ins Fliegen “. Schnorcheln gehen wir auch.

Und wir statten Valentine und Gaston am False Pass einen Besuch ab. Die beiden haben ihr Heim zu einer Cruiser-Institution entwickelt. Sie bieten zum Beispiel Lobsteressen an, verkaufen in der offenen Koch-Hütte aber auch Perlen und Muschelketten. Gaston zeigt uns derweil, wie er Noni-Saft herstellt.

Waren wir auf dem Hinweg noch ausgestiegen, um das Dinghy mit hochgeklapptem Motor über besonders flache Stellen des Riffs zu ziehen, zeigt uns Gaston jetzt für den Rückweg eine verwinkelte und nicht betonte Dinghy-Passage, indem er mit seinem Boot vor unseren Dinghies herfährt. Wir lassen den Tracker mitlaufen, sonst könnten wir die Durchfahrt auch beim nächsten Besuch auf keinen Fall finden.

Erst einmal aber segeln wir zurück in den Süden des Atolls. Vorbei am Coral Garden und hinunter in die Südost-Ecke von Toau.

Sundowner am Strand mit unseren Freunden von der Easy-One und der Valentin: ein Dienstagabend im Atoll.

Das Dorf

Die Welt ist ein Dorf? Manchmal scheint es so. Von Warderick Wells aus segeln wir nach Shroud Cay, haben unterwegs mal wieder etwas Empfang und da ploppt doch glatt eine WhatsApp von Mareike auf, dass sie heute Abend zu uns stößt. Klasse, zuletzt hatten wir sie und ihre Moana vor über einem Jahr auf Antigua getroffen und diesen März in der Dominikanischen Republik leider ganz knapp verpasst.

So kommt es hier auf Shroud Cay zu einer erstaunlichen Zusammensetzung des Ankerfeldes:

Ein bisschen Vereinstreffen unseres Clubs Trans-Ocean, darüber hinaus aber auch eine ungewöhnliche vorübergehende Bildung eines deutschsprachigen „Dorfes“ hier in den Exumas. Wobei die noch getoppt wird: ein weiteres Boot liegt noch etwas weiter draußen auf dem Ankerplatz, die amerikanisch geflaggte „Ronya“. Kaum ist unser Haken im Grund, meldet sie sich auf der Funke und schwenkt gleich zum Deutschen über, Rob ist Australier, Partnerin Anya aber kommt ursprünglich aus Rosenheim. Noch dörflicher wird es, als wir bei unserem ersten Treffen herausfinden: in Anyas Tauchschule auf Key Largo haben Wiebke und ich 2014 unseren AOWD-Tauchschein gemacht.

Noch immer nicht „Dorf“ genug? Am zweiten Abend kommt ein amerikanisches Motorboot dazu. Die deutschsprachige Gemeinschaft hat sich am Strand eingefunden, Jonathan und Jonas spielen Gitarre, haben sogar Liederbücher dabei, was das Mitsingen für den einen oder anderen erleichtert, es wird ein wunderschön entspannter geselliger Sundowner. Das Dinghy der Motoryacht landet an und begrüßt uns mit einem kräftigen Moin Moin. Verena und Jan sind aus Hamburg. Unfassbar.

Ein neues Drohnenbild mit den beiden weiteren Schiffen drauf gibt’s leider nicht, es kachelt hier derzeit ganz ordentlich. Bis 35 kn Wind waren es heute Nacht, aber Ankergrund und Landschutz sind gut 😌.

Der Wind hält uns aber nicht davon ab, mit den Dinghys Ausfahrten in die Shroud Cay durchziehenden Wasserläufe zu machen. Die Flüsse sind seicht, teilweise auch nur um Hochwasser herum befahrbar, aber sie schlängeln sich kreuz und quer durch die weitgehend flache Insel. Meist verlaufen sie durch Mangroven, manchmal aber auch an weiten Sandflächen vorbei, aus denen gelegentlich schon kleine Mangrovenschößlinge sprießen. „Mangrove Nursery“ wurde das auf Warderick Wells Cay genannt, frei übersetzt Mangroven-Kinderstube. Geschütztes Refugium sind diese hier sehr klaren Wasserrinnen aber auch für eine Vielzahl von Schildkröten, die wir von den ganz langsam dahintreibenden Dinghys aus durch das klare Wasser „fliegen“ sehen.

Wir erkunden an verschiedenen Tagen mehrere Flussläufe und sind immer wieder aufs Neue angetan.

Aber die Wartezeit auf ein Wetterfenster für die Weiterfahrt (dann zum Teil in verschiedene Richtungen, mal wieder stehen Abschiede bevor) verkürzen wir uns z.B. auch mit Ausflügen an die Strände und auf die Sandbänke, wo man hunderte von Metern vom Ufer entfernt nur knietief im hell-türkisblauen Wasser wandern kann. Die Kiter unter den Crews kommen hier ebenfalls voll auf ihre Kosten.

Unser deutsches Dorf auf Shroud Cay wird sich wieder auflösen, aber es ist schön zu sehen, dass den Abschieden eben auch Wiedersehen folgen. Die Welt ist doch ein Dorf.