San Francisco II: Cable Car, Chinatown, Mission

Die Golden Gate Bridge erscheint nicht immer rot oder gar golden. Der Himmel nicht immer blau. Und auch San Francisco hat im wahrsten Sinne viele Farben und Nuancen zu bieten.

Wir nehmen ein Cable Car und fahren vom Marina District über die steilen Hügel von Russian Hill und Nob Hill. Dort macht unsere Linie einen Haken und führt dann weiter zur Market Street, einer der Haupteinkaufsstraßen in Downtown San Francisco.

Die Cable Cars sind so nostalgisch, wie wir sie aus diversen Filmen kennen. Innen komplett mit Holz ausgekleidet, hölzerne Sitzbänke, und nicht zuletzt offene Trittbretter, auf denen stehend außen an der Cable Car mitgefahren werden kann.

Jeweils zwei Operator fahren den Wagen. Warnweste und feste Handschuhe weisen sie aus, gleichzeitig ist einer von ihnen auch Schaffner. Die Bedienung der Cable Cars sieht nach schwerer Arbeit aus und im kleinen Cable Car Museum (1201 Mason Street) erfahren wir, warum das tatsächlich so ist. Die unter der Straße verlegten Kabel verlaufen für die vier Cable Car Linien in vier riesigen separaten Schleifen. Wie bei Seilbahnen werden sie über entsprechende Räder angetrieben und umgelenkt.

Die Wagons selbst werden dann durch den Operator (oder “Gripman”) an die Kabel angeklemmt und zwar im Wortsinne. Eine große Klemmzange greift um das Kabel und hält den Waggon an ihm fest. Mit gut 15 km/h geht es dann vorwärts. Vom Waggon aus kann der Griff gelockert werden, das Kabel rutscht dann etwas durch (langsame Fahrt) oder ganz gelöst (zum Anhalten, wobei dann vom Bremser auch die mechanische Radbremse angezogen werden muss).

Unterwegs im Cable Car sieht der Platz des Gripman zwischen den Sitzen so aus:

Seit 1863, also seit genau 150 Jahren gibt es die Cable Cars in San Francisco und an ihrer grundsätzlichen Mechanik hat sich nicht viel geändert.

Wir bummeln durch die Innenstadt und den Bereich SoMa (South of Market), wo auch das San Francisco MoMA (Museum of Modern Art) beheimatet ist, Mittwochs aber leider geschlossen hat. Also weiter Richtung der Hochhäuser der Finanzdistricts und dann abbiegen nach Norden.

Unser Ziel ist Chinatown, dass sich in mehreren Straßenzügen vom Financial District bis hinauf nach Little Italy um Telegraph Hill und North Beach hinzieht. Manchmal geht der Blick hinunter zum Wasser, wo mit der San Francisco-Oakland-Bay Bridge die größere Schwester der Golden Gate Bridge grüßt.

Vor allem aber ist Chinatown tatsächlich eine Stadt für sich. Als wir in einer Nebenstraße in einem kleinen Restaurant essen, sehen wir um uns herum ausschließlich Chinesen. Auch die Angestellten des Restaurants sprechen nur chinesisch, für uns wird eigens eine Übersetzerin herangeholt. „Wie haben Sie unser Restaurant gefunden?“ ist die erste übersetzte Frage. Das Essen ist dann übrigens sehr gut und ausgesprochen günstig. Wir lassen uns durch das zwischen Tradition und Moderne, zwischen Tourismus und eigenem Lebensstil changierende Viertel treiben und diese bunte Mischung auf uns wirken.

Am nächsten Tag nehmen wir vom Marina District den Bus der Linie 49. Die Nummer der Linie ist Zufall, aber ein witziger. Schließlich stehen die „San Francisco 49ers“ als NFL American-Football-Team ziemlich weit oben auf der Bekanntheitsliste in diesem Sport. Der Name hebt übrigens nicht auf das Gründungsjahr ab (das war erst 1946) sondern auf 1849 als das Jahr des kalifornischen Goldrausches, dass San Francisco einen kometenhaften Aufstieg bescherte. Und auch uns bringt die 49 zu den Ursprüngen der Stadtentwicklung. Wir fahren in den Stadtdistrikt „Mission“. Benannt ist er nach der ab 1776 erbauten katholischen Mission Dolores. Diese spanische Missionsstation wurde zwar gemeinhin Mission Dolores (nach dem benachbarten Flüsschen) genannt, war offiziell aber nach dem heiligen Franz von Assisi benannt. Und – na klar – sie war der Ursprung der sich in der Folge langsam, ab 1849 dann aber sprunghaft entwickelnden Stadt San Francisco. Das älteste noch existierende Gebäude der Stadt ist denn auch als zweite größere Gebäudestruktur der Mission bereits 1791 eingeweiht. Dieser alten Missionskirche wurde später eine neue zur Seite gestellt, die allerdings anders als das Altgebäude dem Erdbeben von 1906 zum Opfer fiel und 1918 durch eine verspielt dekorierte Basilika ersetzt wurde.

Der Stadtteil „Mission“ ist wohl das Viertel in San Francisco, in dem die lateinamerikanischen Wurzeln auch heute noch am stärksten zu spüren sind. Nicht wie in Chinatown praktisch als geschlossene Stadt, sondern vielmehr offen dynamisch auch für andere Kulturen, aber mit einem klaren Schwerpunkt im mexikanischen oder zumindest spanisch-sprachigen Bereich (diesmal essen wir wunderbar im peruanischen Restaurant „Limón“). Bars, Taquerias und Restaurants finden sich reichlich, aber auch zum Beispiel eine der wenigen wirklich guten Bäckereien.

Eine weitere Attraktion im Viertel sind die vielen Wandmalereien (Murals), allen voran das „Woman`s Building“ und die fast vollständig bemalte Gasse „Clarion Alley“. Letztere geht auf ein vor dreißig Jahren ins Leben gerufenes Kunst- und Community-Projekt zurück, das auch ein Zeichen gegen die „Neuentwicklung“ und Umstrukturierung gewachsener Stadtsteile und die damit einhergehende Gentrifizierung setzten will.

Klares Signal: San Francisco war nicht nur zu Hochzeiten der Hippiebewegung 1967 bis 1969 bunt, sondern will es weiterhin bleiben.

Denver. The Mile High City.

Die Fahrt von Santa Fe nach Denver bringt uns nicht nur von New Mexico nach Colorado, sondern auch (erstmal) wieder aus den Rocky Mountains hinaus in die flache Prärie der “Great Plains”. Diese riesige Grasland-Steppenzone ist den Rocky Mountains östlich vorgelagert und reicht bis an das Gebirge heran.

Einzelne Tafelberge (Mesa, spanisch für Tisch/Tafel) ragen heraus, vor allem aber sehen wir auf der nach Norden verlaufenden Strecke zu unserer linken fast durchgängig die hohen schneebedeckten Gipfel der Rocky Mountains und zur rechten fast nur die weiten Ebenen der Prärie, aus denen sich am Ende Denvers Skyline heraushebt.

Wobei: Ebene stimmt nur bedingt und wenn, dann ist es eine ziemlich schiefe. Von 500 bis 600 m in Teilen Iowas und Minnesotas bis auf etwa 1800 m über dem Meeresspiegel steigen die Great Plains an. Kein Wunder also, dass sich Colorados Hauptstadt Denver mit dem Beinamen “Mile High City” schmückt. Unsere Gastgeber Karen und Steve weisen uns beim Besuch des Kapitols in Denver darauf hin, dass sogar extra ein entsprechender Hinweis in die Stufen des Parlamentsgebäudes eingraviert wurde. Das 1894 eingeweihte Kapitol glänzt (im wahrsten Sinne des Wortes) mit seiner nachträglich vergoldeten Kuppel und erinnert damit bewusst an den Goldrausch, der Mitte des 19. Jahrhunderts zur Gründung der Stadt führte.

Aber auch im Inneren kann es sich sehen lassen, auch wenn vielleicht nicht alle glücklich über ihre Nachbarn in der imposanten Rotunde mit den Präsidentenportraits sind 😜

Fast unmittelbar westlich von Denver geht es hinauf in die bis zu 4.400 m hohen Rocky Mountains. Hier liegen die berühmten Skigebiete von Aspen und Vail, aber auch eine Vielzahl weniger bekannter (und noch näher an Denver gelegene) Wintersportorte. Mit Karen und Steve fahren wir in der Woche unseres Besuchs gleich dreimal in die Skiregionen von Breckenridge und Eldora und genießen den herrlichen Pulverschnee (wobei: am ersten Tag macht mir die Höhe scheinbar etwas zu schaffen, an den anderen beiden Skitagen ist es aber wunderbar)!

Unsere Gastgeber haben wir übrigens vor ziemlich genau drei Jahren im Corona-Lockdown auf Antigua kennengelernt. In der Carlisle-Bay ankerten wir damals nebeneinander. Karen hat die abendliche Funkrunde (virtueller Sundowner) gemanagt, die WhatsApp-Gruppe der damaligen Ankerlieger in der Bucht ist noch immer aktiv. Auch sonst haben wir seitdem Kontakt gehalten und uns zwischendurch in der Chesapeake Bay auch einmal wieder getroffen. Auf einer Europareise haben sie ein paar Tage in unserer Wohnung in Hamburg übernachtet, da aber “nur” Jan angetroffen, wir waren ja unterwegs. Die Freude über das Wiedersehen ist umso größer und wir unternehmen viel gemeinsam, werden zudem auch noch lecker bekocht.

Eine Wanderung durch die verschneite Stadt führt uns in das “Denver Museum of Nature and Science”, das die beiden bisher auch noch nicht besucht hatten. Die Ausstellungen begeistern uns. So bringt uns etwa der Bereich “Unseen Oceans” noch einmal ganz andere Aspekte unseres Lieblingselements nahe. Und die Dioramen, für die das Museum auch bekannt ist, stellen die präparierten Tiere in einem aufwändig lebensgroß nachgebauten Lebensraum dar, wobei teilweise ganze Biotope etwa mit Insekten und versteckten Tieren kunstvoll gestaltet werden und die Übergänge zum gemalten halbrunden Hintergrund verschwimmen.

Am Faschingsdienstag (englisch: Fat Tuesday, französisch mit gleicher Bedeutung: Mardi Gras) gehen wir abends zusammen zu einer Mardi-Gras-Party mit Live Musik in einer Kneipe um die Ecke. Aus New Orleans herüber geschwappt ist die Tradition der Mardi-Gras-Beads, allerdings muss hier in Denver für das Umhängen einer solchen Kette nicht die Bluse gelupft werden.

Ein anderes Mal gehen wir zu einem Swing-Tanzabend (ebenfalls mit Live-Band), auch wenn Wiebke und mir die ungewohnten Tanzschritte doch etwas schwerfallen.

Und wir fahren aus der Stadt hinaus, wandern durch den winterlichen Roxborough State Park. Hier finden sich spektakuläre geologische Formationen. Die roten Sandsteinfelsen etwa lassen erahnen, warum die Spanier dieses Gebiet “Colorado” genannt haben. Mit grünen Blättern an den hier nur gut buschhoch werdenden und dennoch weit verbreiteten Eichen sieht es im Sommer wahrscheinlich noch einmal ungleich bunter aus.

Und natürlich wäre ein Besuch in Denver kaum denkbar, ohne im hippen Ausgeh- und Künstlerviertel “RiNo” (kurz für River North, aber das Nashorn findet sich natürlich immer wieder) die Kneipen und Bars zu besuchen und die unzähligen Murals zu bewundern. Diese gemalten bzw. gesprayten Wandbilder haben sich zu einem der Wahrzeichen Denvers entwickelt.

In der sehr liberalen Stadt finden sich darunter auch viele politische und gesellschaftskritische Murals …

aber auch rein werbliche, wie etwa das Italienische Restaurant, dass sich ein Wandbild nach einem Hochzeitsfoto der Eltern des Besitzers gestalten ließ:

solche, die je nach Betrachtungswinkel völlig unterschiedlich aussehen:

und kleine, fast versteckte Kostbarkeiten. Manchmal sogar zu unseren Füßen auf dem Bürgersteig:

Und das ist wirklich nur eine kleine Auswahl.

Ein riesengroßes Dankeschön, Karen und Steve, für Eure wunderbare Gastfreundschaft und dafür, dass Ihr uns Euer Denver gezeigt habt.