Keine Licht-Elben. Aber auch kein Mordor mehr. Nach dem düsteren, verregneten Tag in Ocean Falls wachen wir auf zu strahlendem Sonnenschein. Wind ist keiner, wir liegen super ruhig am Public Dock, also perfekt um mal wieder in den Mast zu gehen, das Rigg zu checken und hoffentlich das etwas störrisch gewordene Anemometer wieder zu einer etwas reibungsloseren Windanzeige zu überreden.

Einen schönen Ausblick in gut 20 m Höhe gibt’s gratis dazu. Allerdings erst, nachdem ich auf halber Höhe das “weiche Knie”-Gefühl ignoriert und ab der zweiten Saling auch nicht mehr gespürt habe. Kannte ich im Mast eigentlich in den letzten Jahren nicht mehr und glaubte es endgültig überwunden. Na ja. Ich baue das Anemometer aus, versorge es mit etwas Silikonspray und selbst mein Anpusten versetzt es in Drehung. Geht doch.


Der Eingang/Ausgang aus Mordor/Ocean Falls präsentiert sich bei diesem Wetter auch viel freundlicher. Als wir dann aus dem breiten Fjord in die schmale Gunboat Passage abbiegen, wird es dafür navigatorisch wieder spannend.

Drei knifflige Durchfahrten weist die Passage auf, zwei davon sind allerdings inzwischen betonnt. So kommen wir auch dazu, die schöne Landschaft mit eher flachen Hügeln, Inselchen und vielen Buchten entlang der gewundenen Gunboat-Durchfahrt zu genießen. Kurzentschlossen biegen wir noch vor Ende der Passage in die Beales Bay ab und ankern dort.
Das Timing ist perfekt, die dazu gehörige Beales Lagoon ist jetzt, kurz vor Hochwasser, mit dem Dinghy zugänglich. Wir lassen Florecita zu Wasser und tasten uns über die bei Ebbe trockenfallenden felsigen Flachs (bei Navionics grün dargestellt) in die Lagune hinein.

Das ist insofern spannend, als diese Stellen ein paar Stunden später zunächst so aussehen …


… und sich danach sogar in einen kleinen Wasserfall verwandeln. Kein Wunder, wir haben ungefähr Vollmond und damit Springtide, also besonders hoch und niedrig ausfallende Ebbe und Flut.
Wir kommen aber bei nur einigen kleinen Verwirbelungen gut in die Beales Lagoon hinein und um Stillwasser herum auch problemlos wieder heraus. Dazwischen erkunden wir die Buchten und bekommen ein ganz besonderes Geschenk:
Ein Schwarzbär zeigt sich am Ufer ganz in unserer Nähe, lässt sich vom Dinghy nicht sonderlich beeindrucken und watet zunächst am felsigen Saum entlang, bevor er wieder im dichten Gehölz verschwindet.




Irgendwann wird es für die Weiterfahrt mit dem Dinghy zu flach und wir müssen umkehren. Mit den Paddelboards wären aber schon die Verwirbelungen am Eingang eine Herausforderung gewesen. Kanus wären sicher gut, aber dann hätten wir möglicherweise eine ganze Tide lang in der Lagune bleiben müssen. So war’s jedenfalls super. Mit der Drohne können wir uns die verzweigte Lagune und auch das mäandernde Bett des in sie hinein mündenden Flusses noch ein bisschen weiter erkunden.

Von der Beales Bay fahren wir am nächsten Tag an Bella Bella vorbei durch den Seaforth Channel hinaus auf die freie See des Pazifiks. Bekommen dort erst einmal ordentlich auf die Mütze …

… können danach aber auch noch ein Stück schön die Küste von Price Island hoch segeln …

und finden einen wunderschönen Ankerplatz bei Larkin Point im Osten von Swindle Island. Auf den ersten Blick scheinen lauter Felsen und Inselchen die Einfahrt zu versperren, aber der Weg hinein ist dann doch eigentlich ganz einfach und durchgehend beruhigend tief.

Beim Ankermanöver dann allerdings ein Schreck: die Ankerwinsch weigert sich standhaft, die Kette herauszugeben. Wir hören das Relais klicken, aber die Kette bewegt sich keinen Millimeter. O.k., dann mit der Winschkurbel den Deckel etwas lösen und damit die Bremse lösen bzw. die Kettennuss entkoppeln. Nix da. Sieht die Bedienungsanleitung zwar so vor, aber die Kette, die jetzt eigentlich ausrauschen müsste, bewegt sich trotz vollständig gelöstem Deckel nicht. Erst ein Schlag mit dem Gummihammer auf den jetzt freilegenden Schaft gibt die (zuvor kurzstag gesicherte) Kette endlich frei. Mit erneut handfest angezogenem Deckel funktioniert auch die Winsch wieder. Hoffentlich war das ein einmaliger Defekt, ein Schmieren des Schafts ist von Lewmar nämlich eigentlich nicht vorgesehen. Müssen wir also beobachten 👀, aber für den Augenblick ist das Problem erstmal gelöst.