Tonga: an der Steilküste von Vava‘u; Walgesang und Spinner-Delfine

Die Vava‘u-Gruppe hat viele Facetten. Niedrige, palmenbestandene Inselchen prägen den Süden, im Norden aber erhebt sich wie ein Bollwerk Tonga‘s zweitgrößte Insel mit ihren schroffen Steilküsten aus den Tiefen des Ozeans. Das ist durchaus wörtlich zu nehmen. Östlich von Tonga fällt der Pazifik im Tonga-Graben bis auf 10.882 m unter NN ab. Hier taucht die Pazifische Platte unter die australische Platte. Nur der Mariannengraben ist mit 11.034 m noch etwas tiefer. Die tektonischen Verschiebungen haben auch dafür gesorgt, dass sich der Korallenkomplex der Vava‘u-Gruppe schräg aus dem Meer hob und die Inselgruppe jetzt von der Seite betrachtet wie eine schiebe Ebene wirkt. Die Insel Utu Vava‘u bildet mit fast 90 Quadratkilometern Größe die hohe Nordseite dieser Schräge.

Und genau dorthin segeln wir zu unserem nächsten Ankerplatz, in die Vaiutukakau-Bucht, draußen an der Nordwest-Seite der Inselgruppe.

Der Ankerplatz trägt ausnahmsweise keine Nummer, ist aber trotzdem kein echter Geheimtipp mehr. Es hat sich inzwischen unter den Seglern herumgesprochen, dass hier gute Chancen bestehen, Wale zumindest zu hören und Spinnerdelfine zu sehen. Zudem bietet sich das glasklare Wasser der Bucht zum Schnorcheln an.

Jedenfalls aber ist der Ankerplatz vor der 100 m hohen und praktisch senkrecht abfallenden Steilküste wirklich imposant.

Der Wetterbericht hat Böen bis über 30 kn aus Südost vorhergesagt, aber geschützt von der hohen Küste werden wir davon tatsächlich nichts mitbekommen. Stattdessen können wir bei fast glattem Wasser in aller Ruhe die Paddelboards nutzen und ausgiebig im klaren Wasser schnorcheln. Emma und Claas entdecken viele neue Fische wie zum Beispiel den von ihnen so genannten „Panda“-Kofferfisch, außerdem noch einige inzwischen bekannte Fische, Claas findet zudem sogar einen gut getarnten Oktopus.

Es gefällt uns so gut dass wir beschließen, noch eine weitere Nacht zu bleiben. Das erweist sich als Glücksgriff. Schon am Abend und dann auch immer wieder während der Nacht können wir innen im Schiff deutlich Walgesänge hören. Draußen ist das kaum zu vernehmen, aber der Schiffsrumpf scheint die Schallwellen im Wasser aufzunehmen. Wir bekommen die Wale nicht zu sehen, es ist gleichwohl ein wunderschönes Erlebnis.

Das nächste Highlight folgt Tags darauf. Wiebke und ich sind schon im Cockpit, als wir ein leises Schnaufen hören. Delfine! Wir rufen gleich Emma und Claas aus der Koje, aber der Eile hätte es gar nicht bedurft. Den ganzen Vormittag bleibt eine große Schule von gut 80 Ostpazifischen Delfinen in der Bucht. Auch als Langschnauzen-Spinner-Delfin bekannt, gehören diese Meeressäuger zu den Delfinen mit der akrobatischsten Sprüngen. Teilweise springen sie hoch aus dem Wasser und vollführen dabei diverse Drehungen um ihre Längsachse (Spins). Auch wenn sie sich damit heute zurückhalten und überwiegend ruhig zwischen den ankernden Booten und dem felsigen Ufer dahinziehen, manchmal drehen sie sich im Wasser einfach mal um sich selbst, zeigen uns den Bauch, und ein paar übermütige Sprünge streuen sie dann doch ein (wie immer: für bessere Auflösung auf ein Bild klicken).

Hier noch ein kurzes Video:

Die Zugabe gibt’s, als wir gegen Mittag dann doch den Anker lichten. Mehrere Tiere lösen sich von der jagenden Schule und begleiten die Flora am Bug spielend aus der Bucht hinaus.