Seeotter. Tragik und Erfolgsgeschichte.

Wir laufen das kleine Archipel der Bunsby Islands am Ausgang des Ououkinish Inlets an und ankern dort in der Scow Bay. Die Wolken haben sich komplett verzogen, jenseits der recht flachen Inselgruppe sind die weit höheren Berge von Vancouver Island sichtbar.

Bei dem Traumwetter erkunden wir mit unserem Dinghy ausführlich einige der zahlreichen geschützten aber zum Teil flachen Buchten und fahren auch ans Südende der Inselgruppe, wo ein Gewirr von Felsen vorgelagert ist.

Jetzt, bei eher niedrigem Wasserstand, kann man um die auftauchenden wie auch die überspült bleibenden Felsen herum jede Menge Kelp sehen. Zwischen dessen langen Stengeln und Blättern fahren wir Slalom.

Das ist keine Selbstverständlichkeit, denn die Kelpwälder erholen sich immer noch, wachsen erst langsam wieder zu alter Größe heran. Dabei sind sie nicht nur eine praktische Segler-Warnung vor Unterwasserfelsen, sondern auch eine wichtige Kinderstube für viele Fischarten und sie tragen zum Küstenschutz bei.

Wir hatten gehofft, den Grund für ihre Rückkehr auf unserer Dinghytour zu sehen, aber nein, erst zurück am Ankerplatz zeigt sich uns der erste Seeotter. Der lässt sich dafür in aller Ruhe ganz in der Nähe auf dem Rücken treiben, taucht gelegentlich ab und kommt dann mit einer Muschel, einem Krebs oder einem Seeigel zurück an die Oberfläche, wo er sein Mahl – wieder auf dem Rücken treibend – verspeist. Auch Seeotter sind keine Selbstverständlichkeit hier, sie waren in Kanada jahrzehntelang ausgestorben. Ursprünglich zahlreich, wurden sie in der Folge von Vitus Berings Expedition nach Alaska ab 1741 wegen ihres dichten weichen Pelzes für die nächsten 150 Jahre gnadenlos bejagt und bis auf wenige Rückzugsgebiete fast vollständig ausgerottet. 1911 gab es weltweit geschätzt nur noch 1.000 bis 2.000 Exemplare – zum Vergleich: allein in Alaska sollen bis dahin über 800.000 dieser Tiere getötet worden sein. Dann aber unterzeichneten Russland, die USA und Großbritannien (als Kolonialmacht für Kanada) ein Schutzabkommen. In der Folge erholten sich die Bestände langsam.

In Kanada blieben die Otter jedoch praktisch ausgestorben, bis ab 1969 insgesamt 89 Seeotter in Alaska gefangen und hier auf den Bunsby Islands freigelassen wurden. Sie vermehrten sich prächtig und dezimierten dabei die völlig aus dem Ruder gelaufene Zahl der Seeigel, die wiederum zuvor die Kelpwälder fast kahl gefressen hatten. Die im Bunsby-Archipel freigesetzten Seeotter haben sich im weiteren Verlauf zur Keimzelle für die Erholung des Seeotterbestandes in ganz British Columbia entwickelt.

Und so können wir zum Glück wieder häufiger die putzigen und intelligenten Rückenschwimmer bewundern: