Riesenschildkröten und Abschied von San Christobal

Über eine Woche sind wir inzwischen schon auf den Galápagosinseln, die Flora vor Anker in Puerto Bequerizo Moreno auf San Christobal. Zeit, mal die Insel zu wechseln, denn durch das “Autografo” dürfen wir ja vor insgesamt drei der bewohnten Inseln hier im Archipel ankern. Nächste Station soll Puerto Villamil auf der Insel Isabela sein, etwa 80 sm westlich von hier. Zu weit, um auf einem Tagestörn im Hellen anzukommen, also wollen wir heute Abend zu einer Nachtfahrt aufbrechen und sollten dann morgen Vormittag bei Tageslicht ankommen.

Auch für den Törn zwischen den Inseln müssen wir auschecken und uns ein (Galápagos internes) Zarpe besorgen, Agent Danny will das für heute Mittag organisieren.

Aber natürlich können wir nicht weitersegeln, ohne den Riesenschildkröten dieser Insel einen Besuch abzustatten. Die Tiere stehen ikonisch für die Galápagosinseln und tatsächlich gibt es 11 verschiedene Arten auf den verschiedenen Inseln, weitere drei ehemals hier lebende Riesenschildkröten-Spezies sind inzwischen ausgestorben. Die Art „Chathamensis“ hier auf San Christobal gehört dabei zu den Arten, die von ihrer Panzerform her wegen der Wölbung im Nackenbereich an einen Sattel erinnern und damit namensgebenden für die Inselgruppe waren. „Galápago“ wurden im spanischen bestimmte Wulstsättel für Pferde genannt.

Im unzugänglichen Norden der Insel leben die Tiere in freier Wildbahn, aber da dies ihr einziges Habitat war, wurden einige Tiere in ein Reservat im Südosten der Insel umgesiedelt, um eine zweite Population zu schaffen. Ein etwa 40 minütiger Rundgang führt durch einen Teil dieses Reservates. Die Aufzuchtstation wirkt dabei auf uns zunächst etwas traurig, denn die Gelege der Schildkröten werden ausgegraben, künstlich bebrütet und geschlüpfte Schildkröten dann zunächst in kleinen Gehegen gehalten.

Klar, das soll die Eier vor den von den Menschen eingeschleppten Nesträubern wie Ratten schützen, aber es ist eben auch ein ziemlich massiver Eingriff. Allerdings kann durch die Temperatursteuerung beim Ausbrüten der Eier eine einigermaßen ideale Verteilung von Männchen und Weibchen erreicht werden (viele Reptilien in freier Natur produzieren durch die Erderwärmung verstärkt Weibchen und immer weniger Männchen). Aber der Anblick der jungen Schildkröten im Gehege ist zunächst einmal halt nicht das, was man sich auf Galápagos erhofft.

Das wird auf dem weiteren Rundgang aber anders, denn die erwachsenen Riesenschildkröten können sich auf dem weitläufigen und wild bewachsenen Gelände frei bewegen.

Und was bedeutet eigentlich „Riesen“-Schildkröte? Die Landschildkröten auf Galápagos erreichen Panzerlängen von deutlich über einem Meter und werden bis knapp 300 kg schwer. Ein Grundschulkind könnte unschwer auf den abgebildetes Schildkröten reiten, aber da wir die geforderten zwei Meter Mindestabstand natürlich einhalten, kommen wir trotz kindlichem Gemüt nicht in Versuchung 😜.

Die Riesenschildkröten können sehr alt werden, wissenschaftlich belegt ist das für „Harriet“ im Zoo von Queensland, die jedenfalls vor 1850 geschlüpft ist und 2006 starb. Ihr schon im jungen Alter faltiges und mit dem Überbiss ein bisschen an einen zahnlosen Greis erinnernde Gesicht lässt uns die Schildkröten auch immer mit „weise“ in Verbindung bringen, wie etwa die Kassiopaia in Michael Endes „Momo“.

Auf dem Rückweg machen wir noch einen Stop am Vulkankrater „El Junco“. Die Caldera des Vulcans beinhaltet das größte Süßwasserreservoir der Insel, ein immenser Schatz auf den notorisch süßwasserarmen Galápagosinseln. Vom Parkplatz aus führt ein Weg mit vielen Treppenstufen den Hang des Vulkans hinauf, gesäumt von dichtem Bewuchs mit der heimischen „Miconia“-Pflanze.

Bereits auf dem Weg hinauf finden wir uns in den Wolken wieder, die Rundwanderung auf dem Grat des Vulkans ist dann eine feuchte Angelegenheit. Nur ab und zu reißt die Wolkendecke für einen Augenblick auf und wir können einen schnellen Blick auf den Kratersee erhaschen.

Urzeit-Gefühl. Passt irgendwie zu „unseren“ Schildkröten.

Diesel tanken auf Galápagos

Vor dem nächsten, noch nicht gleich aber eben doch bald anstehenden seeeehr langen Schlag wollen wir unseren Dieseltank wieder füllen. Der Ultimate gehts genauso.

O.k., eine Bootstankstelle mit Ponton oder Kai gibt es nicht, es gibt ja nicht einmal einen Fähranleger. Die kleine Fähre nach Santa Cruz ankert wie wir im Naturhafen, die Fahrgäste werden dann mit dem Taxiboot hinüber gebracht. Einen Dinghysteg gibts übrigens auch nicht, die Dinghys würden ja auch gleich von den Seelöwen besetzt werden, das will keiner.

Ich hatte schon gelesen, dass das Betanken aus Fässern bzw. großen Kanistern erfolgt. Immerhin müssen wir den Diesel nicht mit unseren 20-Liter-Ersatzkanistern von der Straßentankstelle holen, das wäre bei den benötigten 200 l doch ein ziemlicher Aufwand. Aber sollen wir aus den Fässern erst in Kanister umfüllen und von da aus in den Bootstank? Oder direkt per Schüttelpumpe (aber da wäre jedenfalls der Schlauch unserer Pumpe vielleicht etwas kurz)?

Wir fragen unseren Agenten Danny, ob wir das besser hier auf San Christobal oder vor dem Ausklarieren in Santa Cruz machen sollten. Klare Antwort: weit besser hier, hier sei es zertifiziert und und durch den geringeren Schwell auch einfacher. Und er beruhigt uns auch hinsichtlich des Vorgangs.

Tatsächlich funktioniert das Betanken dann viel einfacher und unproblematischer als gedacht. Danny organisiert es und kommt mit einem Wassertaxi voller großer Kanister (jeder fasst 16 Gallonen, also etwa 60 Liter) längsseits an die Flora.

Eine mobile Dieselpumpe hat er auch dabei. Der Diesel wird aus den Fässern (durch einen Filter) in einen durchsichtigen Schlauch gepumpt, der wiederum in einer ganz normalen Zapfpistole endet.

Drei große blaue Kanister (3 x 16 Gallonen) und einmal extra abgefüllte 5 Gallonen werden ratzfatz umgepumpt und unser vorher halb leerer Tank ist wieder randvoll mit Diesel. Super.

Der ganze Tankvorgang einschließlich Lieferservice kostet 253 US$ für die 200 Liter, also bei heutigem Umrechnungskurs 229 Euro bzw. 1,145 € pro Liter 😊.

Isla Española auf Galápagos

Der Tagesausflug nach Española beginnt früh, das Tauchschiff legt um 7:30 ab. Da wir unsere Tauchsachen (einschließlich dicker 7mm-Neoprenanzüge) bereits am Vortag im Tauchshop anprobiert und separiert haben, müssen wir “erst” um 7:15 da sein. Das gestaltet sich aber trotzdem schwieriger als gedacht, weil die Taxiboote um diese Zeit noch Locals durch die Gegend fahren und auf unsere Anrufe auf Kanal 14 schlicht nicht reagieren. Hätten wir mal besser eine Reservierung gemacht.

Mit ein bisschen Verspätung klappt es dann doch, mehr Aufregung für uns als für die Tauchschule, in Südamerika ist man dieses Maß an (Un-)Pünktlichkeit wohl gewohnt.

Und dann geht es los, rund zwei Stunden ballern wir mit etwa 15 kn zur südlichsten Insel des Archipels. Wobei, zwischendurch nimmt der Kapitän mal einige Zeit Gas weg und dreht mit immer noch 10 kn sogar Kringel: Delfine!

Eine große Schule Pazifischer Großer Tümmler (Pacific Bottlenose Dolphin) versammelt sich ums Boot, surft in der Heckwelle und beeindruckt uns mit ihren Sprüngen.

Auf Española landen wir mit dem Dinghy an, umspielt von jungen Seelöwen.

Blaufußtölpel schießen auf der Jagd nach Fisch im Schwarm koordiniert neben uns ins Wasser. Und an Land angekommen begrüßen uns wiederum Seelöwen und die berühmten Galápagos Meerechsen.

Die Seelöwen wälzen sich gern im Sand. Das hilft ihnen bei der Schnell-Trocknung des Fells und schützt gleichzeitig gegen die Bisse der “horse flys” (in Norddeutschland nennen wir sie Pferdebremsen). Diese mit ihrem Saugrüssel fies stechende Fliegenart nervt auch die Robben, durch das dichte trockene Fell kommen sie nicht hindurch, aber wenn es nass eng am Körper anliegt haben sie eine Chance. Wir sind schon mal froh, die langen Treckinghosen angezogen zu haben.

Die erste Besonderheit der Tierwelt auf Española zeigt sich bei den Meerechsen. Eigentlich sind diese nur auf Galápagos vorkommenden faszinierden Echsen dunkel, fast schwarz. Das hilft ihnen dabei, nach ihren ausgedehnten Tauchgängen im kalten Meer schnell wieder die Körpertemperatur zu erhöhen.

In der Paarungszeit aber verändert sich die Farbe, wird deutlich heller und – je nach Insel unterschiedlich – kommen rote und grüne Schattierungen dazu. Auf Española ist das so intensiv, dass diese Tiere “Christmas Iguanas” (also: Weichnachtsechsen) genannt werden.

Ein bisschen sieht es so aus, als wollten sie sich farblich den viel kleineren, auf der Insel endemischen (also nur hier vorkommenden) grün-roten Española Lizards (Eidechsen) anpassen.

Dieser hier macht gerade das Gegenteil von Aufheizen, er ist auf eine der Wegbegrenzungen geklettert, um im Wind besser abzukühlen.

Die Meerechsen brüten rechts und links des Weges und auch unter den Lavafelsen, über die der zwar gekennzeichnete aber nicht geglättet angelegte Weg führt. Vorsicht ist also angezeigt und es dauert auch einige Zeit, bis wir am nächsten Highlight ankommen, einer großen Kolonie brütender Nazca-Boobies. Die schwarz-weißen Vögel dieser größten der drei auf Galápagos heimischen Tölpelarten haben ihre Nistplätze direkt auf einer Klippe am Meer.

Mit ihren kurzen Beinen wirken sie plump – “tölpelhaft” – an Land und lassen kaum erahnen, was für elegante Flieger sie mit ihren langen schmalen Flügeln sind, wie scheinbar mühelos sie ohne Flügelschlag dicht über der Wasseroberfläche über die Wellen gleiten können.

Das Farben- und Naturwunder geht weiter: als nächstes können wir Gabelschwanzmöven entdecken.

Der leuchtend rote Ring um die Augen macht diese Möwen unverwechselbar und er ist – kein Aprilscherz – ein guter Hinweis auf die biologische Besonderheit. Sie sind (zwar nicht mit Infrarot, aber eben doch mit extrem guter Nachtsicht) ganz untypisch für Möwen nachtaktiv. Selbst in Neumondnächten sind sie auf der Jagd, insbesondere nach Tintenfischen.

Und wo wir schon bei den Augenringen sind, der nächste entdeckte Vogel ist die endemische Galápagos-Taube. Kleiner als unsere Tauben und mit deutlich gebogenem Schnabel, vor allem aber mit auffällig hellblauem Augenring:

Und warum ist sie – anders als so viele andere Tiere hier – eher scheu? Könnte an einem anderen endemischen Vogel liegen, dem Galápagos-Hawk (=Bussard).

Kein Wunder, dass Guide Christian ein wenig an Hamlet erinnert, wenn er anhand eines unterwegs gefundenen Seelöwenschädels die eben teils auch unbarmherzige Natur des Archipels aufzeigt.

Und dann gibt es noch das Blowhole, für das Española ebenfalls bekannt ist:

Bei so viel Naturwundern scheint es fast undankbar, dass ich Christian auf dem Rückweg noch einmal auf die Blue Footed Boobies anspreche, die ich mir eigentlich auf der Insel erhofft hatte und die wir nur beim Anlanden jagend gesehen hatten. Eigentlich beginnt jetzt ihre Balzsaison, aber jedenfalls ihr naheliegender Nistplatz auf Española ist noch unbesetzt, erwidert er. Aber er will schauen, ob wir sie später mit vom Tauchboot aus an einem anderen Ort noch beobachten können.

Der Tauchgang ist dann zunächst recht unspektakulär, durchaus angenehm ruhig. Ein bisschen Schwarmfisch, wie den pazifischen Yellowtail-Doktorfisch.

Dann aber wird es doch ganz besonders, als wir mit eingeschalteten Tauchlampen in eine Höhle hineintauchen. Im Eingang wuseln Seelöwen um uns herum. Als ich mich umdrehe sehe ich, dass Wiebke sich dann gar nicht mehr weiter in die Höhle hinein bewegt, sondern einfach nur die spielenden Robben genießt.

Nach dem Auftauchen sehen wir über uns in der Felswand Blue Footed Boobies und Christian hält Wort, er lässt den Kapitän extra nahe zu ihnen hinüber manövrieren, damit wir sie ganz aus der Nähe betrachten können.

Wer meine Faszination für diese wunderbaren Vögel noch nicht völlig verstehen kann, dem empfehle ich dieses herrliche Video von National Geografic über ihre zugleich clowneske und anmutige Balz: KLICK HIER

Wahnsinn, was die Natur so bereit hält! Wir sind hin und weg 🤩.