Das schwarze Auge von Hotopuu, die Marae von Taputapuatea und die Perlen von Raiatea

Wir segeln von Moorea nach Raiatea. 90 Seemeilen, also ein Übernacht-Törn. Um 15.00 gehen wir ankerauf in Vaipahu, am nächsten Morgen um 09.00 Uhr nehmen wir in der tiefen Bucht von Hotopuu eine Mooringboje direkt neben der Easy One.

Dicht hinter uns beginnt der Flachwasserbereich, aber wir liegen auf 29 m Wassertiefe, da sind wir für die (kostenlose) Boje durchaus dankbar, obwohl wir sonst lieber auf unseren eigenen Anker vertrauen.

Die Baie Hotopuu ist wunderschön, das Ufer von Palmen gesäumt, hinter denen sich – wie in den Gesellschaftsinseln typisch – spitz gezackte Berge gen Himmel strecken. An der Nordseite der Bucht gibt es einen steilen Felsabbruch. Es wirkt, als schaue jemand aus dem Berg auf die Bucht herunter und weiter durch den Pass Teavamoa hinaus in die Ferne des Ozeans.

Polynesischen Götter werden normalerweise als etwas angesehen, was in der Natur vorkommt, sich aber mit seinen Fähigkeiten weit über seinen Ursprung hinaus erhebt.

Das passt, denn auf der anderen Seite dieses Berges liegt die Baie Opoa mit dem als UNESCO Weltkulturerbe anerkannten Taputapuatea. Raiatea (RA’IĀTEA) gilt als das Zentrum des Polynesischen Dreiecks, manchmal auch als polynesischen Oktopus dargestellt, dessen Tentakel bis nach Neuseeland, Hawai’i und der Osterinsel ausgreifen.

Es galt einst als religiöses Zentrum Polynesiens. Die heiligen Orte dieser Insel waren Pilgerstätten. Hier wurden Häuptlinge geweiht, hier hielten die höchsten Priester Dialog mit den Göttern, versuchten sie mit Opfergaben günstig zu stimmen. Taputapuatea soll übersetzt “Opfer aus dem Ausland” bedeuten, wobei die freundlichere Interpretation des Namens aussagt, das Menschen von weit her kamen, um hier Opfer zu erbringen. Unzweifelhaft wurden den Göttern der einheimischen Polynesier (Maohi) hier aber auch zeremonielle Menschenopfer dargebracht.

Mit dem Dinghy fahren wir ums Eck und können an einem kleinen Steg direkt vor dem Heiligtum festmachen. Die klassischen zeremonielle Bauten der Maohi sind von niedrigen Mauern umgebene, mit Steinen eher grob gepflasterte rechteckige Plätze, Marae genannt. Die Marae dürfen nicht betreten werden, sie sind zeremoniellen Veranstaltungen (oder mancherorts auch touristischen Vorführungen) vorbehalten.

Die Lage der über 1.000 Jahre alten verschiedenen Marae in Taputapuatea ist traumhaft, mit Blick auf das Meer. Einige verwitterte Schautafeln geben Auskunft über die historische Bedeutung und die kultische Nutzung der einzelnen Flächen und in einem Häuschen am Parkplatz erhalten wir ein Lageplan-Faltblatt aber insgesamt bleibt es ohne eine inspirierende Führung doch eher schlicht für ein Weltkulturerbe und den wichtigsten religiösen Ort der polynesischen Kultur.

Der Funke springt auf uns jedenfalls nicht so recht über. Es ist schon ein wenig bezeichnend, dass der polynesische Oktopus mit seinem mythischen Zentrum Havai’i hier auf Raiatea ein bisschen lieblos auf die Wand eines Generatorhäuschens gemalt ist und die Straßenlaternen vor Ort ausnahmslos zersplitterte Glaskuppeln haben. Offenbar auch nicht erst seit kurzem:

Eine spannende Begegnung haben wir dann aber doch noch: am Ufer fällt uns ein Baum mit seltsam anmutenden Früchten auf.

Es ist eine Barringtonia, deren Besonderheit ihre Giftigkeit insbesondere für Fische ist. Die Maohi vermengten die zerkleinerte Frucht mit Muschelfleisch. Fische, die diese Köder fressen, treiben zeitweise bewegungsunfähig an der Oberfläche und können dort von den Fischern eingesammelt werden, ohne das ihr späterer Verzehr für die Menschen giftig wäre.

Der nächste Dinghyausflug führt uns zwischen Riffkante und Inselufer entlang um die Südostspitze von Raiatea herum. Am Steg des Cruiser-freundlichen Opoa Beach Hotel halten wir an, parken die Dinghies und reservieren einen Tisch am Strand für das Mittagessen. Eigentlich möchten wir von hier aus etwa 6 km zu einer Perlfarm wandern, aber davon wird uns abgeraten. Wir sollen doch lieber das Dinghy nehmen, dann könnten wir auch die Farm draußen in der Bucht und nicht nur den Shop besuchen. Vom Hotel aus wird unser Besuch gleich bei der Perlfarm angemeldet.

Tatsächlich erweist sich das als gute Idee. Die Fahrt in dem geschützten inneren Fahrwasser geht flott und die Landschaft ist über die Maßen beeindruckend.

An der auf Stelzen in die Lagune hineingebauten Hütte der Perlfarm werden wir von Landry, dem Eigentümer, sehr freundlich empfangen. Bei der (kostenlosen) Privat-Führung erklärt er uns, dass er die Perlfarm vor acht Jahren gegründet hat und die Hütte hier an der Grenze zwischen flachem und tiefem Wasser errichten durfte, weil sein Haus in der Bucht am Ufer steht.

Landry erklärt uns die Abläufe auf der Farm. Etwas überraschend ist, das hier in Raiatea nicht ausreichend Larven für Perl-Austern für eine eigene Zucht vorhanden sind. Die Perlfarmen hier beziehen deshalb junge “Baby-Muscheln” von den Tuamotus. Sie ziehen diese dann weiter auf, bis sie groß genug sind für die eigentliche Perlen-Produktion.

Auf der (kleinen) Farm mit nur fünf Angestellten wird hier draußen nur vom frühen Morgen bis etwa 11.00 Uhr gearbeitet, wenn die Temperaturen noch etwas niedriger sind, die Austern erleiden dadurch in ihrer Zeit außerhalb des Wassers weniger Stress.

Das Entnehmen der Perlen und das Einsetzen eines neuen Nukleus zeigt uns dann Landry’s japanischer Mitarbeiter:

Beide nehmen sich Zeit für uns und beantworten geduldig unsere Fragen. Nur auf unsere Nachfrage hin bringt uns Landry dann auch an Land zum kleinen Schmuckgeschäft der Perlfarm.

Tja, sowohl Wiebke als auch Andrea finden etwas 😉.

Danach geht’s mit den Dinghies zurück zum Opoa Beach Hotel für unser Mittagessen am Strand. Als wir ankommen, haben wir das Restaurant noch ganz für uns.

Das bleibt aber nicht lange so, die sehr gute Küche mit regionalen Zutaten (und das tolle Ambiente) spricht offenbar nicht nur uns an.

Barfuß wuselt der freundlichen Service über den Strand und tischt uns Köstlichkeiten auf.

So lässt es sich wohl aushalten an einem Montagmittag. Und auf dem Rückweg erkunden wir mit dem Dinghy (und dem Handlot) schon mal mögliche Ankerplätze auf den flachen türkisen Sandflächen hinterm Riff. Für die kommenden Tage, ist nämlich sehr ruhiges Wetter vorausgesagt, da könnte das klappen.

Eine schöne Überraschung gibt’s dann auch noch. Ingo hatte Landry gefragt, ob er auf der Perlfarm Verwendung für die aussortierte alte Ankerkette der Easy One hätte oder sonst jemanden wüsste, dem er sie überlassen kann. Nach etwas Überlegung kommt Landry bei uns am Ankerplatz vorbei. Typisch polynesisch: Geschenk und Gegengeschenk. 100 m Ankerkette wandern in Landrys Boot, dafür wechselt ein wunderschönes Armband auf die Easy One.

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