Von Raroia nach Makemo

Wir segeln weiter nach Westen zu unserem nächsten Atoll. 78 Atolle gibt es im Tuamotu-Archipel, wenigstens ein paar davon wollen wir erkunden. Auf der Karte sieht es aus, als wäre dieser Bereich des Pazifiks voller Inseln, als lägen die Atolle dicht an dicht. Aber das täuscht gewaltig. Die Tuamotus sind die Inselgruppe mit der weltweit größten Ausdehnung, das Archipel erstreckt sich über 15 Längengrade und 10 Breitengrade, mithin auf mehr als 2.000 Kilometer. Die Entfernungen zwischen den für Yachten anlaufbaren Atollen sind daher größer als (von uns) erwartet.

Von Raroia bis nach Makemo sind es etwa 80 sm. Für eine solche Distanz würden wir normalerweise sehr früh auslaufen und dann (hoffentlich) kurz vor dem Dunkelwerden ankommen. In vielen Revieren funktioniert das, hier in den Tuamotus aber eher nicht. Die Crux liegt in den Pässen, den Ein- und Ausfahrten zu den Atollen. Ein- und Ausfahrt sollen wegen der starken Tidenströme idealerweise um Stillwasser herum erfolgen. Das gilt jetzt kurz nach Vollmond wegen der damit einher gehenden Springtide um so mehr. Außerdem verbieten sich für uns Fahrten im Atoll während der Dunkelheit, wir möchten mit einigermaßen hoch stehender Sonne eine Chance haben, die Bommies zu erkennen. Allerdings sind die Tage hier in der Nähe des Äquators kurz. Jetzt im Spätherbst der Südhalbkugel liegen zwischen Sonnenaufgang (6.00) und Sonnenuntergang (17.11) nur gut 11 Stunden.

In Raroia schauen wir daher morgens erstmal Fußball-Europameisterschaft auf dem iPad (über Starlink und VPN, durch die 12 Stunden Zeitverschiebung laufen die Spiele bei uns morgens live) und frühstücken ausgiebig. Frische Waffeln im Cockpit; ein kleines Morgen-Fest.

Am Kon-Tiki Ankerplatz brechen wir gegen 11.00 Uhr auf, tasten uns um die Bommies herum durch die Lagune und fahren gegen 13.00 Uhr mit 1,5 kn Gegenstrom durch den Pass hinaus.

Draußen auf dem offenen Pazifik setzen wir bei zunächst sehr leichtem Wind Groß und unseren blauen Genacker, nehmen irgendwann das Groß weg und wechseln zum Sonnenuntergang auf den deutlich kleineren Code0.

Es ist super angenehmes Segeln. Trotzdem rollen wir um Mitternacht den Code0 ein und statt dessen die noch viel kleinere Fock aus, wir sind einfach zu schnell.

Später reffen wir auch noch die Fock und schleichen mit einem Handtuch-kleinen Rest Segel langsam über die zum Glück immer noch sehr ruhige See.

Um 6 Uhr morgens stehen wir 8 Meilen vor dem Pass ins Makemo-Atoll. Gegen 10 Uhr soll Stillwasser sein. Wir sind nicht allein, einige andere Yachten warten auf die Durchfahrt. Die erste probiert es um 7 Uhr. Sie kommt durch, aber wir sehen sie in der Einfahrt mehrmals seitlich “fahren”, das ist uns und den meisten anderen zu heikel. Um 8 hat es sich etwas beruhigt, zwei weitere Yachten fahren durch und berichten über Funk von anspruchsvollen, aber machbaren Strömungen. Wir warten noch, schauen über Starlink und VPN Fußball-Europameisterschaft und gehen erst gegen 9 Uhr durch, bei gut zwei Knoten Gegenstrom und keinem wesentlichen Versatz durch Querströmungen oder Whirlpools. Der Ankerplatz an der Mole vor dem Ort liegt gleich um die Ecke neben dem Pass, das ist bequem. Zumal der Ort recht gute Einkaufsmöglichkeiten bietet (wir ergattern sogar Tomaten, Gurken, Zucchini und Pak Choi).

Am Freitagabend gehen wir zur Fundraising-Veranstaltung auf dem Schulhof, selbstgemalte Plakate dafür hängen überall im Dorf. Die Grundschüler führen hier polynesische Tänze auf, die stolzen Eltern halten das auf ihren Handys fest. Der Eintritt ist frei, die Einnahmen aus den verkauften Getränken und Leckereien kommen der Schule zu Gute.

Es ist eine schöne Atmosphäre und ganz nebenbei ein Seglertreff, fast alle Segler vom Ankerplatz sind gekommen.

Sonntag in der Kirche – wieder mit polynesischen Gesängen, wenn auch für uns nicht ganz so stimmungsvoll wie zuletzt auf Tahuata in den Marquesas – treffen wir von den Seglern nur Judy und Todd von der “Galileo”. Und auch von den beiden verabschieden wir uns kurz danach, denn wir möchten im Makemo-Atoll noch andere Ankerplätze kennenlernen. Da aber ab nächsten Donnerstag sehr kräftige Ostwinde angesagt sind, die wir in einem besser geschützten Atoll abwettern wollen, bleibt uns dafür nicht mehr allzu viel Zeit.

Wir legen auf einem IPad auf dem Navionics-Satellitenbild eine Route um die vielen Korallenköpfe herum fest und kontrollieren sie mehrfach. Im Makemo-Atoll gibt es neben den großen, besser sichtbaren Bommies eine Vielzahl sehr kleiner und unauffälliger Korallenköpfe, die wir nur bei starkem Hereinzoomen erkennen. Die (TZ-)Karte auf dem Furuno-Plotter ist völlig nutzlos. Auf den 17 Meilen durch das Labyrinth zum nächsten Ankerplatz laufen daher auf dem anderen iPad die Satellitenbild-Navigation über SeaIQ und auf dem iPhone wird die Position im Bing-Satellitenbild kontrolliert. Hört sich nach technischem Overkill an, gibt uns aber zusätzliche Sicherheit. Zumal, wenn Wiebke im Ausguck am Bug wegen eines Squalls zwischendurch einfach gar nichts mehr erkennen kann:

Alles geht gut, aber es sind dann doch ein paar durchaus nervenaufreibende Stunden.

Am Ankerplatz angekommen kommt dann auch wieder die Sonne durch.

Wir Schnorcheln noch ein bisschen und genießen dann einen herrlich stillen Abend.

😊

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